Sex-Circus

Sex-Circus
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Sigrid Tinz
9101

Erotik-Couch Rezension vonOkt 2018

Story

Ja, es geht um Sex, eigentlich nur. Und gleichzeitig ist es ein richtig gutes Buch mit spannender Handlung, von der man nicht viel verraten kann, ohne den Clou zu spoilern.

Erotik-Faktor

Die Protagonistin beherrscht die Praxis und lässt sich nur mit Männern ein, die das ebenfalls können. Und die Autorin beherrscht die Theorie, gut darüber zu schreiben.

Manege frei: für Sex; Erkenntnisse und Emotionen

Sybille, genannt Billy, ist Erotik-Reporterin, und für einige Tage zur Recherche beim Zirkus Inferno. Inferno macht nicht einfach nur Zirkus. Sondern alle Nummern sind akrobatischer, härter, riskanter, wilder; und voller Erotik und sexueller Anspielungen. In Spezial-Vorstellungen mit geladenen Gästen zählt experimenteller Sex mit den Artisten sogar direkt zum Programm. Auch unter dem Zirkus-Team geht es heiß zu: Nach den Vorstellungen wird gemeinsam geduscht, finden sich neue und alte Paare, Dreier, Vierer, die hinterher gemeinsam im Wald oder in den Wohnwagen verschwinden; oder durchaus ganz freimütig öffentlich auf dem Zirkusgelände vögeln.

Recherche im Sex-Zirkus

Billy mag ihr journalistisches Fachgebiet auch privat und ist immer gerne dabei, den Gegenstand ihrer Berichterstattung live auszuprobieren. Gleich nach der ersten Vorstellung, die sie miterlebt, knutscht und fummelt sie mit zwei knackigen Artisten. Bis die Zirkus-Chefin dazukommt. Kein guter Einstand. Billy hofft, dass es keinen Ärger gibt. Sie braucht diese Reportage so dringend. Beruflich läuft es nicht gut, vor ein paar Wochen erst hat sie eine Abmahnung kassiert: Als sie nach einer durchfeierten Nacht direkt zur Arbeit gekommen war, sich vom Hausmeister auf dem Kopierer hat vögeln lassen und dann noch das Büro vollgekotzt hat.

Privat läuft es auch nicht gut. Ihr Ex Florian, toll im Bett, aber krankhaft eifersüchtig, stalkt sie seit der Trennung mit verstörenden Liebeserklärungen. Einmal zum Beispiel hat sie ein noch blutiges Schweineherz im Briefkasten – als Symbol für seinen Gefühlszustand.

Jetzt ist sie erst mal hier. Beim Zirkus. Wird für einige Zeit mitreisen und ihre Ruhe haben vor allem.

Stalking-Stress mit dem Ex

Diese beiden Geschichten werden miteinander verschränkt erzählt. Ein Kapitel Zirkus, wo Billy gerne dabei ist, bei den Vorstellungen zu helfen und beim Aftershow-Sex mitzumachen, mit den körperlich gut trainierten Artisten Neues auszuprobieren. Dann ein Kapitel Rückblick: wie sie Florian kennenlernte, der erste Sex, gemeinsame Tage und Nächte, der Stress auf der Arbeit, Streit, Eifersucht, großartiger Versöhnungssex, Trennung, Abschiedssex.

Der Sex ist sehr freizügig beschrieben, freimütig und offen. Billy weiß, was sie will und sie holt und nimmt es sich, aber gibt genauso gerne und selbstverständlich auch zurück. Wenig romantisch und gleichzeitig sehr emotional und zugewandt, lustvoll muss es sein, aber liebevoll durchaus auch. Es muss passen, für den Moment. Sowohl Billy als auch die Männer vestehen ihr Handwerk und können, was sie wollen. Und die Autorin versteht ihr Handwerk, darüber zu schreiben. Ihre Ich-Erzählerin Billy sagt genau, was sie tut, will, fühlt. Das macht es sehr direkt und authentisch; genau wie die Tatsache, dass - egal, wie heiß es gerade zugeht - die Kondom-Benutzung mit eingebaut ist. Das wird in vielen anderen Nur-Sex- Büchern ja gerne mal gar nicht thematisiert.

Mehr als nur Sex, aber immer mit Kondom

Sex-Circus ist auch ein Nur-Sex-Buch, schon allein der Titel macht das klar. Bei dem die Sex-Szenen sich so gut und so selbstverständlich in die ebenfalls hochinteressante Handlung eingefügen und umgekehrt, als wären beide eins, wie für einander gemacht.

Und: Billy bringt auch sonst die Dinge gerne auf den Punkt, als Kolumnenschreiberin hat sie scheints ein Talent dafür, und wie sie über das Leben und die Männer erzählt, ist amüsant zu lesen. Völlig „unfickbar“ findet sie etwas die Holzfällerhemd-Hipster mit ihren Vollbärten und dem künstlichen Hinterwälder-Macho-Style. „Aussehen wie Bärentöter, aber keinen Reifen wechseln wollen, weil die Fingernägel frisch manikürt sind.“ Und statt dessen über Craft-Beer und E-Bike-Akkus fachsimpeln.

Von denen sich ihr kleiner, drahtiger, Gelfrisur und lila Sneaker tragender Florian so unterschieden hat.

Der Florian, der sie jetzt nicht verlieren will, und es mit Gerede, Geschenken versucht und mit aller Gewalt.

Aber seine Billy sieht es so: „Ich hasse dieses Geschwafel, dass man an einer Beziehung arbeiten muss, meine Güte, Liebe ist doch kein Bergwerk. Wenn man anfangs schon nicht happy miteinander ist, wird das nix, das muss man dann einsehen. Unser Köpfe passten so gar nicht zusammen, unsere Körpers schon.“

Un-spoilerbares Ende

Kapitelweise kommen die beiden Handlungsstränge aufeinander zu: Florian versucht immer exzessiver, Billy unter Druck zu setzen, damit sie zu ihm zurückkommt. Es wird wirklich scary und bedrohlich und als Leser denkt man, sie sollte zur Polizei gehen. Was sie auch tut, was aber nichts bringt.

Im Zirkus wird es immer intimer, heißer, orgiastischer. Menschen verschwinden und die Zirkusdirektorin hat eine Kristallkugel, die schwebt und in der Billy manchmal Menschen aus ihrem Leben zu Hause zu erkennen glaubt. Als Leser denkt man, das kann nicht ganz mit rechten Dingen zu gehen. Was es auch nicht tut.

Noch mehr zu verraten wäre spoilern.

De Auflösung wird dramatisch und durchaus logisch und das Ende des Buches ist eigentlich erst der Anfang. Was aus Billy jetzt wohl wird, aus Wumme, dem Mann, den sie im Zirkus kennen gelernt und sich ein bisschen in ihn verliebt hat, was wurde aus Florian? Wie könnte es weiter gehen – den Lesern solche Gedanken mitzugeben, wenn die das Buch zugeklappt und ausgelesen haben, das muss muss ein Sex-Roman erst mal schaffen.

Fazit

Sex ist der Grund, warum dieses Buch geschrieben wurde und warum es gelesen werden dürfte: Billys Leben, Billys Arbeit, Billys Geschichte – alles dreht sich von vorne bis hinten um das Eine. Und gleichzeitig ist es definitiv mehr als nur ein Sex-Roman. Wie ein ONS, mit dem das Frühstück danach auch noch toll ist, weil man sich so gut unterhalten kann. Und den man gerne mal wieder treffen würde und wenn es nur zum Kaffeetrinken ist.

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